29 März, 2024

Schach statt Mathe - Vom Spiel zum Schulfach

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Schach - Vom Spiel zum Schulfach

Schach wird und wurde von vielen Menschen gespielt. Zu ihnen zählten auch Lenin und Trotzki, die Führer der russischen Oktoberrevolution. Auf ihren Einfluss geht indirekt der hohe Stellenwert (auch) zurück, den das Schach in der Sowjetunion erlangte. Dort hatte man den immensen Nutzen für die Entwicklung von Schülern schon vor vielen Jahrzehnten erkannt. Schach wurde in vielen Schulen der Sowjetunion regulär unterrichtet. Es wurden eigens Schachschulen aufgebaut, und 1966 wurde in Moskau erstmals in der Welt ein Lehrstuhl für den Schachsport an einer Hochschule eingerichtet. 1983 startete dann eine Fakultät Schach am Zentralinstitut für Körperkultur mit der zweijährigen postgraduierten Trainerausbildung.

Der Stellenwert des Schachs in der Sowjetunion blieb nicht ohne Folgen. Bis zu ihrem Ende war die Sowjetunion im Schachsport unangefochten die führende Nation in der Welt. Alle Weltmeister und zumeist auch deren Herausforderer – um die Weltmeisterschaft wurde alle drei gespielt – stammten seit dem Zweiten Weltkrieg aus der UDSSR. Nur einmal, Anfang der Siebzigerjahre, durchstieß der Amerikaner Bobby Fischer die sowjetische Vorherrschaft. Er gelangte in die Rolle des Herausforderers und schlug in einem – aufgrund der damaligen weltpolitischen Lage – international sehr beachteten Wettkampf in Reykjavík Boris Spasski und wurde dessen Nachfolger als Weltmeister. Noch heute sind die russischen und ukrainischen Großmeister die Stärksten der Welt.

In der Sowjetunion/Russland hat das Thema Schach in der Schule also bereits eine lange Tradition. Auch in der Türkei, in arabischen Ländern, in Venezuela, China und vielen weiteren Staaten wird Schach an Schulen unterrichtet. In Deutschland begann sich die Erkenntnis vom Nutzen des Schachsports für die vor allem kognitive Entwicklung von Kindern erst vor gut zehn Jahren durchzusetzen. Mittlerweile boomt das Schulschach auch hier. An immer mehr Schulen wird Schach gespielt, zumeist im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften. Schulmannschaften werden gebildet, Schulschachturniere ausgerichtet und sogar Deutsche Schulschachmeister ausgespielt. Eine Schulschachstiftung wurde gegründet und die Landesschachverbände ernannten Schulschachreferenten. Einmal im Jahr wird eine Lehrermeisterschaft ausgetragen.

Doch erst sehr wenige Schulen bundesweit und noch keine in Schleswig-Holstein wagten bislang den Schritt, Schach quasi als Schulfach auf den regulären Stundenplan zu nehmen, Schach also für die SchülerInnen verpflichtend und nicht mehr nur als freiwilliges Angebot zu unterrichten. Vorreiter sind etwa die Sebastianschule in Raesfeld, die Wilhelm-Neuhaus Schule in Bad Hersfeld und die Grundschule Trier-Olewig. Am Sportgymnasium Dresden kann sogar das Abitur in Schach geschrieben werden. Vorreiter in Hamburg war die Schule Genslerstraße. Hier wurde 2007 das Projekt „Schach statt Mathe“ gestartet. Die Grundschüler erhielten pro Woche eine Stunde weniger Mathematikunterricht, dafür wurden sie eine Schulstunde lang in Schach unterrichtet. Mittlerweile wurde das Versuchstadium abgeschlossen. Das Fach Schach ist jetzt etabliert und fester Bestandteil des Stundenplans.

Das Projekt Schach statt Mathe wurde initiiert, nachdem die sogenannte Trierer Schulschachstudie über erhebliche Leistungsverbesserungen von in Schach unterrichteten Grundschülern berichtete.